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Für die gesamte Branche ein Gewinn

Die Auszubildenden in Küche und Service zeigen bei „die besten 10“, was sie jetzt schon alles draufhaben. Auch der Leiter der Johann-Georg-Doertenbach-Schule in Calw ist begeistert, wie gut man mit ihnen für die Zukunft aufgestellt ist.

Dabei sein ist alles. Dieser olympische Gedanke gilt auch für „die besten 10“ der Meistervereinigung Gastronom Baden-Württemberg, der zu den hochkarätigsten Nachwuchswettbewerben in Deutschland zählt. Oder wie Uwe Staiger, 1. Vorsitzender der Meistervereinigung, zur Begrüßung in der Johann-Georg-Doertenbach-Schule in Calw sagt: „Wer hier teilnimmt, ist auf jeden Fall schon mal ein Gewinner.“ Und Frank Widmann, der zuletzt auch wieder Jurypräsident der Olympiade der Köche war, ergänzt: „Allein schon, weil eine Menge Erfahrung für die Abschlussprüfungen gewonnen werden kann.“

Aber natürlich gibt es im Wettbewerb auch sportlichen Ehrgeiz, denn wenn man schon mal dabei ist, will man ja auch beweisen, dass dem zu Recht so ist. 13 Auszubildende im zweiten und dritten Lehrjahr als Koch oder im Fachbereich Hotel und Restaurant stellten sich also den strengen Augen der Jury. Und die war hochkarätig besetzt, denn unter dem Vorsitz von Frank Widmann von Widmann‘s Alb.leben in Königsbronn-Zang waren mit dabei: Carmen Baur vom Löwen in Steinenbronn, Oliver Ruthardt, Küchendirektor im Hotel Bareiss in Baiersbronn, Hans Häge, Sternekoch im Gasthof zum Bad in Langenau, und Harald Hartmann von der Hartmann Gastronomie in Weilheim. Die jungen Köche hatten die Aufgabe, ein Vier-Gänge-Menü mit verschiedenen Pflichtkomponenten für acht Personen zu kreieren. Für die Vorspeise waren dies Jakobsmuscheln, Erbsen und Radieschen, fürs Zwischengericht Seidentofu und Fingermöhre, im Hauptgericht mit Stubenküken durften Pastinake, Birne und eine kreative Stärkebeilage nicht fehlen, und im Dessert mussten Ricotta und Zitrone enthalten sein.

Mit einem Metro-Gutschein im Wert von 100 Euro konnten die Azubis ergänzend einkaufen. Zum Start um 11 Uhr werden erst einmal die Waren gesichtet und Kochutensilien sortiert. Für dieses Mise en Place gibt es schon mal 5 von
100 Punkten, wie Frank Widmann das internationale Bewertungssystem erklärt. 10 Punkte stehen für Abfallvermeidung, 20 Punkte für Arbeitsorganisation und Hygiene. „Viele Wettbewerbsköche zielen vor allem auf den Geschmack, ohne Ordnung zu halten“, weiß Frank Widmann aus Erfahrung. Nun gut, dafür gibt es auch 50 Punkte und noch einmal 10 Punkte für die Kreativität und Präsentation. Aber fehlen da nicht 5 Punkte? Genau, die für Pünktlichkeit bei Servicebeginn, die in mindestens einem Fall am Ende gänzlich fehlten …

Erst einmal gehen es die Köche aber ruhig an. Einige wie Manuel Oesterle, Maximilian Evers und Duy Quân Nguyen beginnen mit dem Dessert, um es rechtzeitig kühl stellen zu können. Bei Robin May hingegen simmert schon ziemlich früh ein Geflügelfond vor sich hin, denn: „Je länger der kocht, desto intensiver wird der Geschmack.“ Die Jakobsmuscheln, die zum ersten Gang gehören, sind noch alle im Kühlraum. David Kübler zerlegt schon drei seiner vier Stubenküken, klopft die Brust flach, füllt sie mit einer Farce und bereitet nebenbei wie einige andere auch Ballotines von der Keule vor, die er erst einmal im Sous-Vide Becken langsam garen lässt, ehe er sie am Ende rund brät. Ein Stubenküken aber lässt er wie alle Köche im Ganzen für den Ofen, denn eine der Aufgaben für den Service ist, diese dann am Tisch zu tranchieren – wofür es von den Gästen tatsächlich auch mal Szenenapplaus gibt.

Zu den weiteren Aufgaben der Wettbewerbsteilnehmer im Service zählen Menükarte gestalten, Tisch dekorieren, der richtige Umgang mit Wein und das Mixen von Cocktails. An der Bar im Restaurantbereich hat sich Helmut Roth, technischer Lehrer der Johann-Georg-Doertenbach-Schule, postiert. Zoé Hess mixt gerade ihre alkoholfreie Eigenkreation „Beet on the Root“ auf Basis von Roter Bete und lässt sich von den Fragen des Jurymitglieds nicht aufs Glatteis führen. Anschließend stellt sie noch einen Martini Cocktail her, und zwar entgegen James Bonds Vorliebe in der richtigen Barkeeper- Tradition: gerührt, nicht geschüttelt! Neben dem Grundwissen über und dem Geschmack von Cocktails ist Helmut Roth auch die saubere Arbeitsweise wichtig. „Schließlich wird ja auch an der Bar im Betrieb vor den Augen des Gasts gearbeitet.“

„Hier riecht’s ja schon wie in einer richtigen Küche“, sagt Carmen Baur zu den kräftigen Röstaromen, die einem aus Küche 1 entgegenwehen. In den beiden Wettbewerbsküchen mit ihren je vier Arbeitsplätzen wird es am frühen Nachmittag langsam hektischer und lauter. Nicht unbedingt durch die sonst im Team üblichen Kommandos, sondern allein schon durch das Surren, Rauschen und Röhren der Geräte: Hier ein Thermomix, dort eine KitchenAid, vorne läuft der Pacojet, hinten die Eismaschine – und über allem wacht Timo Stölzel, technischer Lehrer der Berufsschule, der „den besten 10“ vor allem bei den zum Haus gehörenden Großgeräten mit Rat und Tat zur Seite steht. „Noch ist alles im grünen Bereich. So richtig klemmen wird’s wohl erst beim Anrichten“, sagt er. Und damit sollte er recht behalten. Kurz vor Servicebeginn gegen 16.30 Uhr fragt Frank Widmann zwar: „Könnt ihr noch ein paar Minuten gebrauchen?“ – und bekommt die Antwort „ein paar Minuten kann man immer gebrauchen“. Besonders für das Hauptgericht hätte aber mindestens ein Teilnehmer noch gut und gerne 20 Minuten mehr gebrauchen können.

Die Jury diskutiert heftig und kontrovers, wie streng diese extreme Verspätung zu bewerten ist und einigt sich schließlich auf einen Kompromiss. Auch Uwe Staiger muss sagen, dass man noch einmal überlegen müsse, wie mit Zeitabzug generell umzugehen sei. „Auch für uns gibt es immer etwas, das wir fürs nächste Jahr mitnehmen können“, sagt der 1. Vorsitzende der Meistervereinigung, der aber am Ende für alle begeisterten Gäste sprechen kann, „was für schöne Teller wir gesehen haben und genießen durften“. Zur Leistung der angehenden Restaurant- und Hotelfachleute sagt die Restaurantmeisterin Marcelline Naumann, die mit Helmut Roth und Roland Berlin von Berlins KroneLamm in Bad Teinach-Zavelstein die Servicejury bildete: „Alle hätten die IHK-Prüfung mit Bravour bestanden!“
Die Branche kann sich also auf bestens ausgebildeten Nachwuchs freuen, wie auch Michael Niedoba, Leiter der Johann-Georg-Doertenbach-Schule betont, deren Schüler „die besten 10“ wieder bestens unterstützt haben. „In diesem Wettbewerb zeigt sich eindrucksvoll, wie gut die vielgescholtene Gastronomie in Baden-Württemberg für die Zukunft aufgestellt ist.“ Und auch in der Schweiz, denn teilnehmen konnten nicht nur Azubis der Meistervereinigung, sondern per Wildcard auch aus anderen Betrieben bis hin zur Gilde etablierter Schweizer Gastronomen sowie dem Cercle des Chefs de Cuisine Berne, zu denen man ein enges freundschaftliches Verhältnis pflegt. Herzlichen Glückwunsch also auch in die Schweiz, für die Manuel Schmid in der Küche den zweiten Platz geholt hat. Aber wie gesagt: Gewonnen haben alle Teilnehmer, nicht zuletzt unseren Respekt!